#1

Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 18.06.2015 22:30
von maldix • 3.606 Beiträge

Hallo Zusammen,

ich greife die Diskussion über die grottigsten Aufnahmen wie z.B. die Born to Die von Lana del Rey auf, und stelle mal die Frage in die Runde: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

Sind die "grottigen" Anteile nicht vielleicht ein Teil des Gesamten?

Hätten große Komponisten wie Beethoven oder Mozart ect. anders komponiert wenn es eine hifidele Aufzeichnung und Wiedergabe geben hätte?.

Wie seht ihr dieses?


auditorus te salutant
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#2

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 18.06.2015 23:45
von GHP • 5.080 Beiträge

Eine interessante Frage, die man sich angesichts des seit Jahren umgreifenden Loudness Wars durchaus stellen kann und sollte. Ist mieser Klang ein echtes Stilmittel ?

Speziell im Zusammenhang mit dem Loudness War sehe ich den oftmals schlechten Klang der sich zwangsläufig ab einer bestimmten Hyperkompression ergibt, eigentlich nicht als Stilmittel, sondern als "Zugeständnis" an die spezifischen Abhörsituationen der Primärklientel, für die Dynamik oftmals eher hinderlich ist, da sie ggf. eine unbequeme Nachregelung der Abhörlautstärke nötig macht.
Auch hat eine höhere Loudness eine größere Durchsetzungsfähigkeit, z.B. im Radio. Wird dann natürlich nochmals der Orban Optimod "oben drauf" gesetzt, kann es gänzlich üble Ausmaße annehmen.

Im Hip-Hop-Bereich aber gibt es Hyperkompression mit Pumpbässen und Abmischungen "nahe mono" tatsächlich als Stilmittel. So läßt sie der richtige Ghetto-Sound auf den Manche so stehen, erzeugen !
Bei echten Gangster-Rappern wäre guter Klang wohl ein "No Go".


Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.

nunmehriges Goldohr ! ;-)
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#3

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 19.06.2015 03:57
von maldix • 3.606 Beiträge

Hi GHP,

ich denke, das ganze auf miesen Klang zu beziehen was sicher ein Aspekt ist , ist zu kurz gesprungen.
Muss man nicht etwas früher anfangen? wurde nicht schon bei der Komposition ein Auge auf den späteren Klang gelegt?
Bei elektronischer Musik könnte ich mir das gut vorstellen, bei Klassik oder Jazz eher nicht.

Oder Kommt der Klang, mit allen Ausprägungen, erst ins Spiel, wenn es zur Aufführung, Aufzeichnung und Wiedergabe kommt?
Dort kommen dann die Punkte, aus meiner Sicht, die du gerade angeführt hast mit dazu.


auditorus te salutant
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#4

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 19.06.2015 10:45
von Bernie • 3.277 Beiträge

es gibt ein zur Musik passendes Klangideal. Hip Hop klingt ja i.d.R. nicht schlecht, muss aber einen fetten Bass haben. Jazz oder Folk klingt meistens sehr natürlich. Da habe ich als Käufer eine gewisse Vorstellung davon wie Musik eines speziellen Genres klingen sollte. Das kann dann mal von dieser Norm abweichen und trotzdem gut klingen.
Wenn aber jemand eine extra schlecht klingende Platte machen will die beim hören nur nervt kann die zumindest an mich nicht verkaufen. Auch Garagensound kann Druck haben und Spass machen. Was anderes kann nicht im Sinne des Musikers als Verkäufer sein.
Trotzdem bleibt immer die Frage wer beurteilt ob eine Aufnahme schlecht ist. Wie hören ja immer den Klang der Aufnahme vermischt mit dem Klang unserer Anlage. Das kann einfach mal nicht passen ohne das die Aufnahme deswegen schlecht ist. Ich habe viele Aufnahmen früher für schlecht gehalten die in Wirklichkeit hervorragend sind. Und auch umgekehrt.


Roon PC mit HQPlayer -> Optisches Ethernet -> Holo Red -> USB -> Audio GD DI20HE/Ref10 -> AES -> Devialet 1000Pro CI -> Vivid Audio Giya G2
Raumkorrektur: Convolution mit REW/Rephase
Strom: Audioquest Niagara 5000, Silver Cloud / Hurricane AC Kabel
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#5

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 19.06.2015 17:02
von GHP • 5.080 Beiträge

O.K., ich hätte wohl tatsächlich früher angreifen müssen. Ich war von Lana Del Rey noch so geschockt.

Eine Genre-spezifische Klangästhetik gibt es sicherlich. Jazz und Klassik legen viel Wert auf Transparenz und räumliche Darstellung, wohingegen Hip-Hop oder Metal eher als "kompakter Block" mit ordentlich Druck erscheinen müssen.
Das hängt sicherlich mit dem verwendeten Instrumentarium zusammen. Klassik und Jazz verwenden viele verschiedene akustische Instrumente mit großer Gesamtdynamik, während Hard Rock und Co. nur wenige Instrumente verwenden und daher eine große Unterscheidbarkeit vieler Einzelinstrumente gar nicht notwendig ist, was dann auch eine Aufnahme mit besonderer akustischer Differenrzierbarkeit nicht notwendig macht.


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nunmehriges Goldohr ! ;-)
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#6

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 19.06.2015 22:45
von antwerp (gelöscht)
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Also ich meine es gibt beim Künstler oder den Künstlern eine Vorstellung wie etwa die eigene Musik klingen sollte. Vielleicht wären ja auch die Zuhörer eines Konzerts einer Gruppe oder Künstlerin total enttäuscht wenn sie sie live hören würden.
Ich habe das einmal live erlebt als die Künstlergruppe die gesamte Audienz aus dem Saal schickte wo es mehrere Gruppen im Vorprogramm gab um einen Soundcheck zu machen. Die Leute waren nicht gerade erfreut darüber und es wurde gebuht.
Die Hauptgruppe hatte wohl eine genaue Vorstellung wie ihr Sound auf des Publikum wirken sollte. Es klang auch hinterher wie zu Hause.
Gruppen und Künstler arbeiten heutzutage fast überhaupt nicht mehr rein akustisch. Ich schaue mir das gewöhnlich bei einem Livekonzert genau an. Man sieht dort immer Mikrophone und Lautsprecher und Leute die mischen. Wahrscheinlich wäre man total enttäuscht wenn man das ganze Konzert nur akustisch hören würde. Man verbiegt einfach die Originalklänge so das sie interessanter klingen. Meistens stehen links und rechts große Lautsprecher die den Klang oder die Stimme verstärken. Wie sollte das denn zu hause klingen? Kann man eigentlich mit soviel benötigten Zusatzmitteln noch eine vernünftige Stereoaufnahme machen?
Man muss z.B. im Studio bei eine E-Gitarre, die man ja meistens direkt an das Pult anschließt, den Klang des Lautsprechers imitieren. Und solche Beispiele gibt es zu Hauf. Da werden Geigen in New York aufgenommen oder ein Sänger in einem anderen Land und das ganze wird irgendwo in einem Studio zusammengemischt. Sonst müsste man ja immer eine Liveaufnahme wie sie wirklich stattfindet machen. Das ist auch ein Kostenfaktor. Einen solchen Idealzustand wird im Studio niemals oder kaum stattfinden - vielleicht mit ganz kleinen Besetzungen. Wenn man sieht wie im Studio produziert wird ist es wirklich ernüchternd. Wir hören immer etwas künstlich Produziertes das mehr oder weniger gelingt.

Gruß antwerp


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#7

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 19.06.2015 23:00
von GHP • 5.080 Beiträge

Vielen Artists ist es auch gänzlich wurscht, wie ihre Aufnahmen zuhause beim Kunden klingen.
Eine Menge Künstler sehen nur den künstlerischen Aspekt ihrer Arbeit und natürlich den kommerziellen.

Da die breite Masse auf guten Klang nicht mehr wirklich Wert legt, spielt dieser in der Produktion auch eine immer geringere Rolle. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel.
Es hat immer schon Bands und Solisten gegeben deren Primärklientel aus Leuten bestand, bei denen höherwertige Anlagen vorausgesetzt werden konnten oder die auch persönlich auf guten Klang wert gelegt haben.


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#8

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 20.06.2015 22:25
von antwerp (gelöscht)
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Wie kann man sich dann nur das lt. Presse zunehmende Interesse an der High End in München erklären.
Dort gibt es Tausende denen es nicht teuer genug sein kann. Ist das reine Prestigepflege der Leute oder ist das Interesse an hochwertiger Musik.
Manche Musikproduktionen sind ja klanglich nicht schlecht. Eine meiner letzten CDs ist eine von Silje Nergaard "Chain of days" (habe einige von ihr), die vielleicht nicht vielen hier bekannt ist. Die Dame hat sich laut einem Bericht den ich gelesen habe, ernsthaft Mühe gegeben etwas audiophiles zu produzieren und hat alle Musiker zusammen im Studio wie bei einer wirklichen Session aufnehmen lassen. Das Ganze klingt nicht schlecht, jedenfalls bei mir. Glücklicherweise gibt es ja gelegentlich einen audiophilen Leckerbissen auf den sich dann alle Hifiisten stürzen und ......ihn zerreißen wie Melody Gardots neustes Werk - worüber man sich streiten kann.
Einen Trend, den ich auch meine zu erkennen ist, dass die Künstler sich von den festen Labels trennen und sich dann auch selbst für ein irgendein Studio entscheiden müssen und auch selbst produzieren. Dort müssen auch Dinge im Argen liegen, die man nicht richtig durchschaut.

Gruß antwerp


zuletzt bearbeitet 20.06.2015 22:26 | nach oben springen

#9

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 20.06.2015 22:54
von GHP • 5.080 Beiträge

Es ist im HiFi-Bereich, oder besser, im Bereich des Musikhörens wohl so, daß die Schere - wie im Sozialen auch - immert weiter auseinanderklafft. Während die Millionäre immer reicher und auch immer mehr werden, wird gleichzeitig auch das Heer der Armen immer größer.
Beide Gruppen werden von der Industrie versorgt, die damit gewaltig verdient !

Während die Masse auf guten Klang kaum noch Wert legt, gibt es für die kleine Gruppe der Audiophilen inzwischen gar abenteuerliche Gerätschaften mit absurdem Preisleistungsverhältnis - wofür die HIGH END das Beispiel par excellence ist.
Tatsächlich ist das Segment der HighEnd-Audiotechnik doch ziemlich klein und wir als Audiophile leben doch in einem gemessen am Umsatz, recht überschaubaren Audio-Biotop. ;-)

Auf der HIGH END stellt es sich selbstverständlich anders da. Dort wird geklotzt was das Zeug hält. Nur ist der Anteil an hochwertiger Audiotechnik am Gesamtbereich Consumer-Technik ziemlich mickrig. Mit Spyphones wird doch längst viel mehr Umsatz gemacht als mit der gesamten HiFi-Branche.
Da die HighEnd-Audiotechnik aber primär eine sehr zahlungskräftige Klientel hat, die teils schon regelrecht umerzogen wurde (... 1000€ Verstärker können nicht wirklich gut klingen, Kabel müssen hunderte € pro Meter kosten, ohne Netzfilter geht HighEnd auch nicht, Racks beeinflußen in hohem Maße den Kllang der Anlage, usw.), können Produkte auf den Markt gebracht werden, die sonst wohl unverkäuflich wären. Nicht umsonst sind "die Großen", wie Sony, Yamaha & Co. im HighEnd-Segment so gut wie nicht tätig.

Es gibt eine Menge guter Aufnahmen, die aber meist nur aus bestimmten Musikgenres stammen, bzw. in verschiedenen Genres gar nicht oder zumindest kaum zu finden sind. Setzt man (Musiker, Produzenten, Techniker) bei Hörern bessere Anlagen und ernsthafteres Musikinteresse und -Verständnis vorraus, ist die Qualität dann meistens auch gut. Für den "Allerweltshörer" aber, der nicht in die Musik eintaucht, gibt man sich keine große Mühe.

Interessant, daß beispielsweise Smooth Jazz sehr oft eine sehr gute Klangqualität hat. Man weiß, wer diese Musik hört. ;-)


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#10

RE: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

in Redbook oder Highres 21.06.2015 09:57
von CD-Sammler • 2.052 Beiträge

Zitat von maldix im Beitrag #1
ich greife die Diskussion über die grottigsten Aufnahmen wie z.B. die Born to Die von Lana del Rey auf, und stelle mal die Frage in die Runde: Ist der reproduzierte Klang ein integraler Bestandteil eines musikalischen Gesamtkunstwerks?

Sind die "grottigen" Anteile nicht vielleicht ein Teil des Gesamten?

Hätten große Komponisten wie Beethoven oder Mozart ect. anders komponiert wenn es eine hifidele Aufzeichnung und Wiedergabe geben hätte?


Hallo zusammen,

für mich ist der Klang einer Aufnahme definitiv Teil des musikalischen Gesamtkunstwerks. Ich denke doch, dass heute nur in seltenen Fällen das Klangbild aufgrund technischer Restriktionen vorgegeben ist. Im Regelfall handelt es sich also um eine gewollte Klangsignatur. Wie Bernie schon geschrieben hat, können hier die Klangideale je nach Musikgenre starke Unterschiede aufweisen. Ob das wirklich an dem angenommenen Abhörequipment der potentiellen Hörer liegt, wie GHP schreibt, wage ich nicht abschließend zu beurteilen. Dagegen spricht für mich zumindest, dass es in eigentlich allen Genres gut produzierte Aufnahmen gibt.

Wenn mich Musik anspricht, höre ich auch durchaus weniger gut aufgenommene/produzierte Alben. Natürlich höre ich lieber gut aufgenommene Musik. Würde ich aber immer nur nach dem Klang gehen, dürfte ich mir z.B. "Nebraska" von Bruce Springsteen nicht anhören. Und das ist wirklich ein Album mit genialen Stücken! Auch die aktuellen Alben von z.B. The Kooks oder Fall Out Boy höre ich mir an, obwohl das durch die starke Kompression etwas anstregend ist. Interessanterweise nerven diese Alben auf dem Kopfhörer weniger als über die Anlage. Das würde dann doch wieder für die These von GHP sprechen...

Musikalische Grüße,
Alex


Everything sounds better with Linn. Fan of British hi-fi.
zuletzt bearbeitet 21.06.2015 09:58 | nach oben springen



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