RE: Warum tun sich viele mit klassischer oder ernster Musik so schwer?
in Klassik 14.06.2016 02:25von GHP • 5.163 Beiträge
Ich stoße mich da schon am Begriff "ernste Musik", den ich doch als etwas diskriminierend anderer Musik gegenüber empfinde. Ein typisch deutscher Terminus scheint mir.
Da Klassische Musik von Aufbau und Komplexität her intensiveres Zuhören erfordert und sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, fordert sie den Zuhörer mehr. Nicht jeder Zuhörer ist bereit, diese Forderung zu erfüllen.
Auch hat Klassik ein recht spießiges Image, welches über Jahrzehnte hinweg vom "ernsthaften Musikbetrieb" in Europa geschaffen wurde und so sicherlich viele Musikhörer erst mal abschreckt.
Klassik steht für ein Kulturverständnis und eine Lebensweise mit der Viele wenig anfangen können.
Der Jazz leidet unter ähnlichen Problemen, wenn auch nicht ganz so stark.
Arrogant formuliert könnte ein Musiktheoretiker jetzt sagen, Klassische Musik erfordert mehr Intellekt als ihn die Masse besitzt. Selbiges gilt aber auch für Jazz.
Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.
nunmehriges Goldohr ! ;-)
RE: Warum tun sich viele mit klassischer oder ernster Musik so schwer?
in Klassik 14.06.2016 13:28von maldix • 3.650 Beiträge
Ich würde mir schon ernsthaft wünschen, wenn musikhören egal welches Genres nicht eine Frage des Intellektes ist.Selbst Menschen mit sehr hohem Intellekt haben nicht zwingend den Zugang zu klassischer Musik. In einer Diskussion würde ich mich schon über weitere Aspekte oder Ideen freuen. Etwas ironisch eingeworfene Antworten können meiner Meinung nach schnell zu "killer-argumenten" werden und Diskussionen im Keim ersticken.
auditorus te salutant
RE: Warum tun sich viele mit klassischer oder ernster Musik so schwer?
in Klassik 14.06.2016 14:56von GHP • 5.163 Beiträge
Zitat von tscherbla im Beitrag #4
Jetzt muss ich mich bloß auf die Suche nach meinem fehlenden Intellekt machen
Du kannst deinen Intellekt schnell immens steigern, indem du nun sofort 5
Gesamtausgaben von Wagner's Ring orderst und dir 10x hintereinander anhörst.
Mal ernsthaft ...
Natürlich sind die Musik-Intelligenz-Korrelationen durchaus grenzwertig und führen wie maldix schon sagte gerne zu Verstimmungen unter den Musikfans, da sich immer einer beleidigt fühlt.
Dennoch aber gibt es doch interessante Untersuchungen die zeigen, daß tatsächlich Jazz- & Klassikhörer in den allermeisten Fällen ein höheres Bildungsniveau besitzen. Es scheint also doch eine Korrelation dieser beiden Musikarten und der Bildungsnähe der Zuhörerschaft zu geben. Ich bin noch nie einem bildungsfernen Menschen begegnet, der Klassik gehört hat. Bestimmte andere Musikarten, die ich aus Antidiskriminierungsgründen selbstverständlich nicht explizit nenne, hingegen schon.
Das heißt natürlich nicht, daß es nicht auch Dr. phils gibt, die AC/DC oder Snoop Dog hören !
Aber eindeutig ziemlich wenige.
Wichtig erscheint mir in dem Zusammenhang auch das Lebensumfeld und die persönliche Lebenswelt des Hörers. Wer es gewohnt ist Anzug zu tragen, in besseren Lokalitäten zu verkehren, Smalltalk zu machen und häufig zu lesen, ebenso wie eine absolut gesicherte Existenz zu besitzen wird wohl einen anderen Musikgeschmack haben als jemand, bei dem Obiges weniger oder gar nicht der Fall ist, bedeutet Musik für ihn doch etwas anderes als für den Klassikhörer. Sei es nun Rhythmusorientiertheit oder sozialer Hintergrund der Musiker und daraus resultierende Identifikationsmöglichkeiten beim Hörer. Einem Bauarbeiter wird es in den meisten Fällen wohl schwer fallen, sich in irgendeiner Form mit Tschaikowsky's Musik anzufreunden, da diese in einem gänzlich anderen Kontext als seiner eigenen Lebenswelt und unter Berücksichtigung künstlerisch-kultureller Parameter entstand, die mangels Wissen beim Zuhörer nicht "ankommen".
Eine komplette Abkoppelung von Lebenswelt und Bildungsniveau ist bei Klassik imho gänzlich unmöglich. Egal was irgendwelche Gleichmacherei aller Menschen im Namen einer "political correctness" auch immer gebieten mag !
Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.
Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.
nunmehriges Goldohr ! ;-)
RE: Warum tun sich viele mit klassischer oder ernster Musik so schwer?
in Klassik 14.06.2016 16:38von maldix • 3.650 Beiträge
Aha, das ist schon mal eine Sicht und Erklärung.
Ich kenn einige Leute aus den von dir genannten Berufgruppe, die selbst sehr viel Musik sowohl klassisch als auch Jazz machen, also nicht nur hören, weil sie irgendwann einen Zugang in diesen Fällen über das Spielen von Instrumenten oder Singen u.a. auch in Vereinen erhalten haben, bevor sie sich der Berufswahl zugewendet haben.
Sicher ist es leichter mit entsprechendem Bachground im Familiären Umfeld sich Themen zu öffnen oder nähern. Aber auch Schulen haben hier einen Auftrag, der durchaus Einfluss auf die musikalische Bildung und Entwicklung haben kann oder hat.
Ich wende diese Aspekte ein, da ich mich Hüte den Ontellekt und Intelligenz zwingen an der Berufswahl festzumachen. Dieser Schuss geht u.U. Nach hinten los.
Ist es nicht vielmehr so, dass wenn sich jemand mit Musik beschäftigt und gelernt hat mit klassischer Musik oder auch Jazz auseinander zu setzen, dass er diese Musik verstehen kann auch wenn er die nicht als Lieblingsmusik ständig auflegt ?
auditorus te salutant
RE: Warum tun sich viele mit klassischer oder ernster Musik so schwer?
in Klassik 14.06.2016 17:24von GHP • 5.163 Beiträge
Mit absoluter Sicherheit ist es so.
Weil du die Schule angesprochen hast ...
Mir hat interessanterweise der Musikunterricht nie etwas gegeben. Musik aber schon, auch zu Schulzeiten schon sehr sehr viel.
Mein Zugang zur "Klassik" aber kam eigentlich erst als ich schon volljährig war.
Seltsamerweise war in meiner Sippe kein einziger echter Musikfan. Eine musikalische Sozialisierung hat von familiärer Seite bei mir gar nicht stattgefunden. Die entferntere Verwandtschaft aber besteht in der Tat aus lauter Klassikhörern. Interessanterweise sind dies alles Akademiker.
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RE: Warum tun sich viele mit klassischer oder ernster Musik so schwer?
in Klassik 14.06.2016 19:36von Bernie • 3.446 Beiträge
Meine Mutter hört Klassik. Vornehmlich Mozart und Beethoven. Aber sie hört auch gerne Freddie Quinn und sonstigen Schlager. Das passt so gar nicht in dieses Raster. Und von der Sorte kenne ich mehrere. Sicher kann Klassik auch sehr komplex sein, vieles ist aber auch eher simpel.
Ich selber höre auch manchmal Klassik, aber eher alte Musik und nicht das altbekannte. Das ist mir in den meisten Fällen einfach zu langweilig, zu wenig komplex. Da bin ich dem Jazz viel zugeneigter.
Die Unterscheidung in E und U Musik finde ich auch komplett daneben. Für mich gibt es nur gute und schlechte (langweilig, belanglos, ...) Musik. Die findet man in allen Genres.
Ein Grund dafür dass manche keinen Zugang zur klassischen Musik finden ist evtl. auch die Tatsache das Klassik auf weniger guten Anlagen meistens aus klanglicher Sicht auch schnell nervt. Da Klassik meistens im Mittel-/Hochtonbereich spielt wird man schnell des Gekreisches überdrüssig.
Roon PC mit HQPlayer -> USB -> Audio-GD DI20HE/Ref10 -> AES -> Devialet 1000 Pro CI -> Vivid Audio Giya G2 / B&W DB1
Raumkorrektur: Subwoofer und SweetRoom
Strom: Audioquest Niagara 5000, Silver Cloud / Hurricane AC Kabel
RE: Warum tun sich viele mit klassischer oder ernster Musik so schwer?
in Klassik 14.06.2016 20:09von GHP • 5.163 Beiträge
Zitat von Bernie im Beitrag #9
Die Unterscheidung in E und U Musik finde ich auch komplett daneben.
Diese Unterscheidung gibt es meines Wissens auch nur in Deutschland. Hat mich immer schon gestört.
Zitat von Bernie im Beitrag #9
Für mich gibt es nur gute und schlechte (langweilig, belanglos, ...) Musik. Die findet man in allen Genres.
Also wie bei Duke Ellington.
Zitat von Bernie im Beitrag #9
Ein Grund dafür dass manche keinen Zugang zur klassischen Musik finden ist evtl. auch die Tatsache das Klassik auf weniger guten Anlagen meistens aus klanglicher Sicht auch schnell nervt. Da Klassik meistens im Mittel-/Hochtonbereich spielt wird man schnell des Gekreisches überdrüssig.
Da ist was dran. Pop-Rock etc. spricht auch auf eher mäßigen Anlagen schneller an da meist mehr Bums vorhanden ist.
Und meist entscheidet der erste Eindruck.
Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.
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